Sechs Frauen, fünf Nationen, so fing unser Heiligabend an. Mit "Geisburger Marsch" und Weihnachtsoratorium haben wir uns eingestimmt, über die Kelly Family gelacht und uns erzählt, was zu Hause passiert wäre - wären wir nicht alle im Exil gelandet.

(Vorbereitungsteam - Die türkische Hausfrau mit dem Weihnachtsgeist)

(Pascale aus Belgien, Maja aus Schweden, Martine aus den Niederlanden, Niamh aus Irland in der türkischen Wohnung von Annegret aus (Süd-)Deutschland - das musste jetzt sein, Anna)
Gegen acht machten wir uns auf zur Kirche, mit dem Bus. Aus irgendeinem Grund haben uns alle angeschaut. Die Mitfahrer wirkten irgendwie grau und gewöhnlich, während wir mit roten Bäckchen, kurzen Röckchen und bunten Mänteln laut schnatternd und lachend gen Kirche strebten. In Istanbul war es ein ganz normaler Montag und unsere türkischen Freunde konnten alle nicht genug Elan aufbringen, das zu ändern. Sie sagten alle am Tag vorher ab - sie mussten lernen.

(Maja vor Sentantuan)
Die Kirche unseres Vertrauens hieß St. Antoine - auf türkisch: "Sentantuan". Dort sollte um halb neun gebetet und gesungen werden. Anschließend war eine "multilingual mass" angekündigt. Etwas irritiert waren wir schon, als uns Samba-Rhythmen entgegenschallten.

Die Messe war gut besucht, wir mussten stehen. Die Presse war auch da: in Form von Max, der für SpiegelOnline aus Istanbul berichtet, und in Gestalt von vier Fernsehkameras, die den Priester, die Meßdiener und alles andere filmten und später versuchten Niamh dazu zu bekommen ein Interview auf Türkisch zu führen. Sie behauptet, habe die Frage verstanden - konnte aber leider nicht antworten.
Die Menschen-Mischung in der Kirche war bunt, im wahrsten Sinne des Wortes. Wir haben so ziemlich jeden Erasmus-Bekannten getroffen, viele aus Deutschland. Einige haben uns auf dem Rückweg zu unserer Christmas-Party begleitet, andere hatten Besuch von ihrer Mama und konnten nicht. Mulmig wurde mir, als der einzige türkisch aussehende Mann in dieser Kirche mit einem (fast) Schrankkoffer hereingerollt kam. Er rollte bald wieder hinaus - es hatten ihn ein paar mehr Leute irritiert angeschaut.
Wir hatten wirklich den Vorsatz, bis zum Ende zu bleiben. Nach einer Stunde waren die Priester noch immer nicht mit ihrer Predigt durch - mussten sie doch alles auf Englisch, Italienisch, Französisch und Türkisch erzählen. Weil die Größe des Programmheftes eine weitere Stunde Lithurgie versprach, haben wir uns aus der Kirche geschlichen. Der gute Wille zählt.

(Es gab sogar eine Krippe)
Zwölf Gäste quetschten sich in zwei Taxis und fuhren zurück zu Annegret, wo wir mit belgischem Schokoladen-Fondue, irischen Christmas-Cake, schwedischen Ingwer-Keksen und natürlich Glühwein weiterfeierten.
Weil wir uns alle nicht wirklich gut kannten, haben wir gewichtelt. Mein Geschenk war eine sehr unweihnachtliche schwarze Kerze mit gothischen Symbolen. Damit traf es mich besser als Niamh, die eine Tüte Kekse erwischte.

(unser Wichtelgeschenksack)

(die Truppe und unser Menü)
Gegen halb zwei haben wir uns dann verabschiedet. Am nächsten Tag warteten Uni, einige Hausarbeiten und für einige sogar eine Klausur auf uns - böses Erwarchen aus der kleinen Gefühls-Reise in die Heimat.
P.S.: Warum Weihnachten mit der Maus? Kennt Ihr diese Folge von Sendung mit der Maus, in der sie zwanzig Kinder in ihrer jeweiligen Landessprache "Kikerikie" sagen lassen? Wir hatten "Kükülüdü", "Kikerikie", "Cockadoodledoo" und "Kökörikö".