
Dieses Wochenende endete der Ramazan mit dem Zuckerfest (Ramazan Bayramı). Weil ich weder gefastet hatte (jedenfalls nicht offiziell), noch eine Familie hatte, mit der ich feiern konnte, habe ich mich dem Mountaineering Club angeschlossen und bin mit Annegret zusammen in die Berge gefahren. Irgendwo in der Nähe von Nigde, also in etwa hier:
Insgesamt waren wir 15 Bergsteiger: 13 Türken, Annegret und ich. Kurzsteckbrief Annegret: 24, Pädagogik (im weitesten Sinne) Studentin aus Marburg, Schwäbin und - was später wichtig wird - Protestantin. Einverstanden Anna?

Aus Istanbul, genauer gesagt, aus Harem (das ist eine riesige Busstation, denkt mal drüber nach!) abgefahren sind wir um halb 10 am Donnerstag abend, unsere Wanderstiefel ausgepackt haben wir um 12 am nächsten Tag. Dann gings mit Sack und Pack auf einer zweieinhalb Stunden Tour zum Basecamp, wo wir unsere Zelte aufgestellt haben - nachdem wir die Kuhfladen vom Platz gekickt haben.

Insgesamt drei Touren haben uns dann am Freitag und Samstag gelehrt, was Wandern auf Türkisch bedeutet: Man rennt wie ein Irrer den Berg hoch, macht alle zehn Minuten eine zehnminütige Pause, damit man sich wieder abkühlen kann, um dann weiter zu hasten. Auf diese Weise konnten wir am Freitag eine Höhle begutachten, in der angeblich Schafe gehalten werden - fragt mich nicht, was die da fressen wollen, da gab es nicht einen Grashalm! Am Samstag haben wir den Weg durch eine Schlucht gewagt, in der man nicht reden durfte, damit die Felsen nicht über einem zusammenbrechen (Fotos werden nachgereicht) und am Nachmittag haben einige von uns noch den Weg zu etwas seltsam anmutenden Gebilden auf sich genommen - ich auch, leider kameralos - aber Can hat mir ein Bild geschickt:
Unsere Gruppe war ziemlich bunt gemischt, zwischen 18 und 26 Jahre alt, alles Studenten der Bogazici-Universität. Vom Doktoranden der Genetik bis zum Psychologie-Studenten alles dabei. Ziemlich irrer Haufen!

Abends saßen wir unter klarem Sternenhimmel und haben uns über Musik, Politik und Kulturunterschiede unterhalten. So habe ich gelernt, was jeder Türke mit dem Namen "Katharina" in Verbindung bringt: Die russische Zarin Katharina, die bei einem Krieg gegen die Osmanen eine Nacht mit dem Padischa "verhandelt" hat und so ihre eigentlich schon totgeglaubten Soldaten heile und gesund aus dem türkischen Moor wieder nach Russland bringne konnte. Den Padischa hat diese Nacht übrigens den Kopf gekostet. Ich werde mich also endgültig von meinem Vornamen verabschieden, und mich nur noch "Filiz" nennen. Diesen türkischen Namen hat mir mein Mitbewohner verliehen.
Oder wir haben gesungen. Jedenfalls Anna und ich. Dank unserer soliden christlichen Grundausbildung haben wir uns irgendwann gekugelt vor Lachen. Es muss irgendwo zwischen "Herr, Deine Liebe ist wie Gras und Ufer" und "Ins Wasser fällt ein Stein" gewesen sein, als wir festgestellt haben, dass man auch als Protestant ganz schön viel aus der Kirche mitnehmen kann. Und dass der Unterschied zu Katholiken kaum zu finden ist. Unsere Türken sahen das anders: Sie meinten, Protestanten wären "gut", Katholiken "schlecht". Sie waren leider nicht dazu zu bekommen, Volkslieder zu singen. Vielleicht haben wir es auch nicht genug versucht.

Das Witzige waren natürlich die Nächte. Zusammengepfercht in zwei Mann Zelten hatten wir viel Zeit, unsere Türkisch-Kenntnisse aufzubessern. Jedenfalls Anna. Ich habe hauptsächlich das Englisch der anderen Studenten trainiert.
In der ersten Nacht war alles noch ähnlich den deutschen Nordsee-Campingurlauben, aber in der zweiten Nacht fing es an zu winden, so dass wir zu viert in unserem Zelt schlafen mussten. Naja, schlafen konnte man das nicht unbedingt nennen. Dank eines Gothik-Metal-Fans namens Can hatte ich das erste Mal richtig Rückenschmerzen. Er hat einfach das halbe Zelt für sich in Anspruch genommen. Das Pärchen (Emra und Asli, wo wir gerade bei Namen sind) hatte die andere Hälfte und ich konnte mir den Platz unter dem Zelteingang gemütlich machen. Annegret hatte es da einfacher und konnte mit Özgür zusammen ihre Zeltmama Hasal beruhigen, die immer aufgeschreckt ist und das Zelt festhalten wollte. Interessante Art, eine andere Kultur kennen zu lernen :)
Aber wir haben es überlebt:

Am Sonntag haben wir dann den Express-Weg zurückgenommen: Den Trecker. Mit sagenhafter "Hasen"(nicht Schildkröten! Landkinder wissen, wovon ich spreche)-Geschwindigkeit sind wir zu unserem Minibus geheizt. Die Rückfahrt hat dann nochmal 15 Stunden gedauert: Rückreiseverkehr nennt sich auf türkisch "bayrami dönüsünün trafigi". Oder so ähnlich. Und dann ist ganz schön viel los auf türkischen Autobahnen.


Und weil - ich erwähnte es bereits - die Busverbindungen nicht so eng sind nachts in Istanbul haben wir schließlich den Rest der Nacht auf dem Dachboden des Clubraums verbracht. In der Uni zu übernachten ist auch mal eine Erfahrung!
Gut, dass ich montags keine Uni habe!
2 Kommentare:
Warum man Maenner moegen sollte? Weil sie keine Muehen und Gefahren scheuen, die chinesische Zensur zu umgehen, um hier einen Kommentar zu hinterlassen und Dich fuer Deinen super Blog zu loben!
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