Nachdem mich beim Erstellen des letzten Beitrags der Besitzer des Internet-Cafés rausgeschmissen hat, dieses Mal ein wenig mehr Neues:
Ich bin umgezogen und wohne nun in einem riesigen Apartment, das einem Bekannten meiner Freundin Senem gehört. Er ist zur Zeit in Russland und besucht das gelobte Land aller Tscherkessen: Dort hatten seine Urgroßeltern gewohnt, bevor sie vertrieben wurden und sich in der Türkei ansiedelten. Er denkt darüber nach, für immer dorthin zu ziehen, weil die Menschen dort noch immer Tscherkessisch sprechen und die Traditionen dort weiterleben. Das Argument, das Veränderungen manchmal auch Gutes mit sich bringen, zieht in der Gemeinschaft nicht. Seine Kinder sollen nicht als Türken aufwachsen, sagt er, und zumindest den Teil kann ich nachvollziehen – wenn auch meine Gründe andere sind.
Der Umzug hat mir einiges über mich selbst klar gemacht. Erst einmal war mir nie bewusst, wie wichtig Kühlschränke sind. Allein deshalb kam mir die neue Wohnung wie ein Paradies vor. Dann schlafe ich allein im Zimmer: Ich kann entscheiden, wann ich das Licht aus mache und womit ich mich vor dem Schlafengehen beschäftige – das ist wahre Freiheit! Es gibt hier immer warmes Wasser und eine „richtige“ Toilette. Das Wichtigste aber ist: Keine Frau am Eingang kontrolliert meine Einkaufstüten oder fragt nach meinem Ausweis. Ich kann tun und lassen, was ich will. Mit anderen Worten: Ich habe die gleichen Freiheiten WIE EIN (türkischer) MANN!
Nachwuchs
In den letzten beiden Wochen sind einige der russischen Sprachschüler zurückgegangen, um Klausuren zu schreiben, dafür haben die Italiener Verstärkung bekommen. Claudia und Erika repräsentieren den Stereotyp von italienischen „Ragazza“. Sie sind laut, immer mindestens eine halbe Stunde zu spät, schmollen alle fünf Minuten über Nichtigkeiten, lachen aber aus den gleichen Gründen mindestens genauso häufig. Jede Bewegung ist furchtbar übertrieben. Es reicht schon, wenn die beiden sich synchron ihre Sonnenbrillen aufsetzen und ich werf mich weg vor Lachen. Es ist einfach lustig, mit ihnen herumzuhängen, auch wenn man nur die Hälfte von dem versteht, was sie erzählen. Erika spricht ein wenig deutsch, kennt allerdings hauptsächlich Schimpfwörter. Nächste Woche ist es dann endgültig vorbei mit meinem Alleinstellungsmerkmal, dann kommen vier weitere Studenten aus Köln nach Bursa.
Zusammen mit den beiden Italienerinnen, der polnischen Surferbraut Karolina, der schwedisch-holländischen Theater-Studentin Christina und Theano, einer italienisch sprechenden Griechin, habe ich gestern meinen Geburtstag gefeiert. Wir haben endlich einen Ort gefunden, an dem „normale“ Menschen herumhängen, mit anderen Worten: Studenten. In einer Straße in der Nähe der Uni gibt es Cafés und Bars und man kann Wasserpfeife rauchen. Allerdings ist sie etwas mehr als eine Stunde vom Yurt entfernt und natürlich mussten die anderen wieder um 12 ihre Unterschrift leisten, deshalb war der Abend eher kurz.
An dieser Stelle DANKE für Eure Glückwünsche, Emails und SMS! Ich habe mich richtig gewundert, wie viele Menschen an mich denken, obwohl ich mich kaum melde. Dafür möchte ich mich hier noch mal entschuldigen, aber im Wohnheim gibt es kein Internet und bei dem Wetter macht es einfach keinen Spaß, in dem Kabuff von Internet-Café zu arbeiten. In der neuen Wohnung ist es leider nicht besser: Zum nächsten Internet-Café sind es 15 Minuten extrem steiler Fußweg. Da überlegt man sich zwei Mal, ob man nicht doch lieber Türkisch lernt, statt zu chatten.
P.S.: Die Wohnung liegt quasi in einem Dorf. Das wurde mir spaetestens klar, als ich vorhin warten musste, bis eine Schafherde vor mir die Strasse überquert hatte und mir dann ein Trecker entgegen kam. Es ist fast wie Zuhause...nur ein wenig hügeliger, leider.
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