Tamam, simdi basliyoruz: Beginnen wir mit dem chronischen Ablauf.
Mein Flieger ist nicht abgestürzt. Pünktlich um sechs bin ich mit einer Horde schreiender Kinder gemeinsam in Istanbul Atatürk gelandet. Von dort aus konnte ich mit der Metro direkt zu Senem fahren, meiner Freundin aus Erasmus Zeiten. Mit ihr hatte ich einen tollen Abend und einen wirklich großartigen ersten Tag in Istanbul. Ihm folgte ein wirklich schöner zweiter Tag, der in Bursa endete. Genauer gesagt im Yurt. Dort sitze ich nun im Okuma Solunu (Leseraum) und berichte. Subjektiv, natürlich.
ANNE!: Türkische Kinder
Kinder in der Türkei sind verwöhnt. Das kann man nicht anders sagen. Jungs dürfen ohnehin machen, was sie wollen, Mädchen sind entweder sehr sehr ruhig oder aber völlig aufgedreht. Die Aufgedrehten erkennt man praktischerweise an den pinken Klamotten und den Barbie-Rucksäcken.
Vor allem sind sie zahlreich: Schon im Flieger von Düsseldorf nach Istanbul waren mehr Kinder als Eltern im Warteraum. „Anne“ (Mama) war das meistgesagteste Wort im Flugzeug, meist in entsprechender Lautstärke. Zu jeder Zeit schrie irgendwo ein kleines Kind und auf dem Gang liefen die Jungs herum. Im Landeanflug habe ich das erste Mal eine Stewardess über das Mikrophon ausrasten hören: „Prinzessin, das ist jetzt das letzte Mal, dass ich das sage: DU SETZT DICH JETZT HIN!“ Ich konnte mitfühlen. Entschuldigung, liebe Eltern, aber nach der Erfahrung werde ich in den nächsten fünf Jahren keinen solchen Nervenkiller in die Welt setzen.
Hos bulduk: Ein Sommerabend in Istanbul
Vom Flughafen habe ich meine 30 kg Gepäck durch die Metro geschleppt und bin leider zu spät bei Senem angekommen: Das geplante Balkan-Beats-Konzert konnten wir nicht mehr besuchen, die Fähre (!) hatte bereits abgelegt. Also sind wir nach Ortaköy gefahren, um Kumpir zu essen. Mit den gebackenen Kartoffeln in der Hand konnten wir ein Ausflugsboot kapern, mit dem wir eine Stunde lang unter dem Sternenhimmel entlang der Bosporus-Ufer den Abend genießen konnten. Im T-shirt, versteht sich. Senem hat sehr gelacht, als ich sie fragte, ob sie eine Jacke mitnimmt. Natürlich nicht!

Gerade als wir unter der hellerleuchteten Atatürk-Brücke hervorkamen, startete auf dem Wasser ein Feuerwerk. Das wird jeden Samstag abgefeuert, weil entlang der Ufer viele Restaurants sind, in denen Hochzeiten gefeiert werden. Mit den Lichtern der asiatischen Seite im Hintergrund war es einfach wunderschön. Nun bereue ich nicht mehr, die Kölner Lichter verpasst zu haben.


Zurück am Ufer sind wir in die Stadt gefahren, wo wir Senems Freunde getroffen haben. Aus Nostalgie-Gründen sind wir in die Bar gegangen, in der ich während meiner Erasmus Zeit die meisten Partys verbracht habe. Und tatsächlich habe ich eine meiner Erasmus-Kommilitoninnen getroffen. Sie wusste von mindestens einer Erasmus-Freundin von uns, die gerade ebenfalls in der Stadt ist. Ich bin nicht die einzige Istanbul-Abhängige.
Misafirim: Bursa
(Sine, Elbrus und Cankat, Senems beste Freunde)
Tscherkessen sind eine große Familie, sagt Senem. Wie ich dort hineingeraten bin, weiß ich nicht, aber es ist ein Riesenglück. Einer von Senems tscherkessischen Freunden lebt nun in Bursa und „natürlich“ hat er mich am Sonntag vom Busbahnhof abgeholt und zum Studentenwohnheim gebracht. „Natürlich“ hat er mir danach ein wenig die Stadt gezeigt und „klar“ sind wir danach essen gegangen. „Zufällig“ hat ein anderer Tscherkesse in der Nähe Hochzeit gefeiert, so dass wir ein bisschen den traditionellen Tänzen zusehen konnten. Ich hatte ein tierisch schlechtes Gewissen, aber einen tollen Abend. Bis ich ins Studentenwohnheim einzog.
Orhangazi Ögrenci Yurdu: Das Studentenwohnheim
Hat sich mal jemand von Euch über Studentenwohnheime beschwert? Ich erinnere mich vage an die Klagen über die Zeit in Berlin. Ihr habt keine Ahnung.

In der Türkei ist es normal, dass Studenten mit mehreren Kommilitonen auf einem Zimmer leben. In dem Yurt, in dem ich die nächsten sieben Wochen verbringen werde, sind sechs Personen auf einem Zimmer. Natürlich nach Geschlechtern getrennt. Ich lebe im Kiz Blogu – im Mädchen Block. Dieser zeichnet sich durch folgende Eigenschaften aus:
- Pinke Wände

- 15 Duschen für ein Stockwerk mit 120 Betten

- Türkische Toiletten (= Löcher im Boden)

- Zweifelhafte Matratzen
- Pinke Bettwäsche
- Zwei Steckdosen für Laptops und zwölf für Handy-Aufladegeräte
Ja, es ist so anders, wie man es sich vorstellt. Ich weiß nicht, wie man hier ernsthaft drei Studienjahre überlebt. Unser Zimmer ist zur Zeit nur halb belegt (zwei Kroatinnen und ich) und trotzdem konnte ich kaum schlafen, weil ständig irgendwoher unidentifizierbare Geräusche auftreten. Heute hatte eine meiner beiden Mitbewohnerinnen bereits den ersten Nervenzusammenbruch - Probleme mit ihrem türkischen Freund. Mal schauen, was passiert, wenn die anderen Studenten ankommen…
Tömer: Die Sprachschule
Der Minibus braucht von unserem Wohnheim zur Sprachschule etwa eine halbe Stunde. Dort werde ich in den kommenden Wochen jeden Morgen vier Stunden verbringen. Unser Kurs ist mit 16 Teilnehmern eigentlich zu groß, deshalb werden wir vermutlich noch aufgeteilt. Unsere Lehrerin heißt Müseyyin und redet gern und viel. Außerdem hat sie mal gleich erklärt, dass ihr die Türken in Deutschland peinlich sind. Na, das wird ein Spaß.
1 Kommentar:
Hihihihi....die türkischen toiletten...hahaha....nein, sind eigentlich total gesund, also für die beckenbodenmuskulatur oder so was ähnliches!
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